VON FRANKREICH LERNEN
Von Sport und Bewegungsbildung in Frankreich lernen
Sport und Kompetenzentwicklung in der Bildung, ein Praxisbericht aus der Region Nouvelle – Aquitaine, Académie Bordeaux
Sport und Bewegungsbildung haben einen sehr unterschiedlichen Stand und verschiedene, teils regionale Ausübungsformen in den Gesellschaften Europas dies zeigt sich auch in den Bildungseinrichtungen. Der konkrete Austausch vor Ort, hier in der Region Nouvelle – Aquitaine, Académie Bordeaux in Frankreich bietet große Chancen, um Sport- und Bewegungsbildungssysteme zu vergleichen. Diese Methode bietet gegenüber der wissenschaftlich-theoretisch-quantitativen Analyse diverse Vorteile, wie reale Situationen zu erleben, Stimmungen wahrzunehmen und mit den Betroffen vor Ort vergleichend qualitativ zu diskutieren.
Im Folgenden werden einige Einblicke in den Schulsport in Frankreich genannt. Die französische Gesellschaft basiert auf den Visionen von Gleichheit und Freiheit. Das spiegelt sich auch in den Schulen – hier exemplarisch Lycées und Collèges wieder. Die SchülerInnen haben zahlreiche Wahlmöglichkeiten, auch beim Sport. Der kompetenzorientierte Schulsport, EPS (körperliche und sportliche Bildung), umfasst für die 11-Jährigen 4 Wochenstunden (im Folgenden h), 12-13 – Jährigen 3 h und die weiteren drei Jahre 2 h Sport.
Dazu existiert ein breites Wahlangebot in den üblichen Ganztagsschulen aus diversen Sportarten jeden Mittwoch mit 3 h in dem sogenannten Schulsportverein. Dessen Vorsitzender ist immer der/die SchulleiterIn. Das Mittwochnachmittagsangebot der Schulsportvereine wird von ca. 20 Prozent der Schüler gewählt, dabei sind deutlich weniger Mädchen als Jungen aktiv. Ein Drittel der Schulen bietet die Möglichkeit mit weiteren 3 h Sport pro Wochen einen Sportschwerpunkt zu wählen, mit rund 25 verschiedenen Sportarten in der Region Nouvelle-Aquitaine. Der Natursport wird hier auch wegen der Potentiale für die Kompetenzentwicklung hochgeschätzt. Dabei werden die lokalen Möglichkeiten genutzt, wie Wellenreiten, baskisches Pilote oder Klettern. Wer will, kann tatsächlich viel Sport in der Schule betreiben. Der Großteil der Kinder bewegt sich allerdings nur 2 h die Woche im Schulsport bei Ganztagsschulbetrieb bis 17.00 Uhr.
Alle Lehrkräfte unterrichten normalerweise nur ein Fach und verfügen über eine universitäre Ausbildung auf Masterniveau. Alle SportlehrerInnen unterrichten in den Schulsportvereinen 3 h/Woche. Dabei werden auch Schulsportwettkämpfe durchgeführt. Ca. 10 Prozent der höher qualifizierten LehrerInnen erteilen 3 h weniger Unterricht als die anderen. Dafür wirken diese in der Fortbildung und Weiterentwicklung von Sportunterricht schulübergreifend mit. Leistungssportzentren und Schule arbeiten eng zusammen. Dadurch können die SchülerInnen im Leistungssport 15 Stunden und mehr pro Woche trainieren. Bedingung für den Verbleib in den Leistungssportzentren ist allerdings der Schulerfolg, der bei den Leistungsträgern auch intensiv und individuell unterstützt wird.
Zur Verwaltung aller Sportflächen in der Gesamten Region Nouvelle Aquitaine (rund ein Viertel der Fläche Frankreichs) dient eine zentrale elektronische Verwaltung, die die zentrale Beauftragte für Schulsport von überall in der Welt digital steuern kann. Insgesamt ist die digitale Datenanalyse und -aufbereitung für die LehrerInnen hochdifferenziert. Dass alle Kinder Schwimmen lernen, wird im Sportlehrplan als „nationale Priorität“ bezeichnet und gehört zu den allgemeinen Grundfertigkeiten und Kompetenzen. Als solche „socle commun de connaissances et de compétences“ muss die Schwimmfähigkeit in den Zeugnissen attestiert werden. Dafür gibt es einen vorgeschriebenen Test der Wassersicherheit. Könnte die gute Kooperation der SportlehrerInnen durch die gute Vernetzung in den Schulsportvereinen und der sogenannten „pädagogischen Reflexionsgruppen“ begründet werden? Besteht ein Zusammenhang zwischen hohem Aus- und Fortbildungsstandart der LehrerInnen und bildungsorientierter Kompetenzentwicklung im Sport und olympischen Erfolgen?
Barbara Roth / Catherine Bedecarrax, Académie Bordeaux, Région Académique Nouvelle Aquitaine